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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Titelbild

06. Januar 1983, A 4, Eiweiss-Lasurfarbe, transparenter Kleber und Goldfarbe auf Papier

Dies ist das erste Bild der Serie, sozusagen das Cover, gemalt in einem anderen Stil als die folgenden. Ich achtete nicht darauf, bei den Linien / Kreisen „präzise“ zu sein, sondern wollte in den Ausdruck der Farben und Formen gehen.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 1: Das letzte Abendmahl

14. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Nach meinem Verständnis ist das letzte Abendmahl nicht einfach das Teilen von Brot und Wein, um Körper und Blut von Jesus Christus zu sein, sondern den Energieimpuls von Licht und Liebe ins Ätherische zu manifestieren und dort zu imprägnieren. So sieht man den Empfang von Licht, das von oben her kommend in eine Schale strömt. Die Apostel schauen zu Jesus, ausser Judas, am rechten Ende des Bildes, der wegschaut.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 2: Gethsemane - Der Ölberg

11. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Hier sieht man Jesus, wie er zu seinem Vater betet, in einer Vision seines kommenden Leidens. Das Blut tropft vom Kreuz herab und drückt den Zustand von Qualen und zugleich der Unterwerfung unter den göttlichen Willen aus. Es ist dunkel. Innere Aufruhr und Einsamkeit. In einer Krise der Entscheidung mag man an einen einfacheren Weg denken, doch wenn man erkennt, dass der nächste Schritt einen durch einen schmerzerfüllten Weg führen wird, der jedoch die richtige Richtung darstellt, braucht man Willenskraft, um weiterzugehen. So ruft hier Jesus den göttlichen Willen an, um seinen Willen mit dem grösseren Plan in Einklang zu bringen.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 3: Gefangennahme

13. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Dieses Bild zeigt die Gefangennahme von Jesus durch die römischen Soldaten, und Judas gibt das Zeichen. Jesus leistet keinen Widerstand, sondern zeigt einfach seine Hände, die gefesselt werden sollen. Die ganze Szene findet vor der nächtlichen Stadt statt.

Die Situation erinnert an Augenblicke, wo wir erleben, wie wir alleingelassen werden und „Freunde“ sich von uns abwenden, wo, selbst ohne irgendetwas falsch gemacht zu haben, man gefangengenommen und verantwortlich gemacht wird.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 4: Petrus verrät Jesus

14. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Dieses Bild zeigt die Szene vor den Stadttoren, wo Petrus gefragt wird, ob er Jesus kenne. Aus Furcht, selbst gefangengenommen zu werden, leugnet er ihn drei Mal, bevor der Hahn kräht. Man sieht einen riesigen, alptraumhaften Hahn vor den Stadtmauern.

Eine Szene, die wir alle kennen mögen, wo wir aus Furcht oder wenn wir herausgefordert sind, nicht zu unseren Überzeugungen oder den Worten, die wir gesagt haben, stehen.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 5: Jesus und Pilatus

12 Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

In der Befragung mit Pilatus, nach seiner Gefangennahme, wurde Jesus gefragt, ob er ein König sein, und er antwortete Ja, aber nicht von dieser Erde. Pilatus versteht, doch er ist dem öffentlichen Druck ausgesetzt.

Diese Szene ist ein Sinnbild des Dilemmas zwischen der Wahrheit (selbst von einer höheren Art) und dem Druck von Interessensgruppen. Auf die eine oder andere Weise ist dies fast Teil des täglichen Lebens, wo wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Realität durch Machtgruppen konstruiert wird, besonders die Konstruktion der Mainstream-Realität.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 6: Geisselung

14. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Nachdem Jesus dem Entscheid des Mobs, der öffentlichen Meinungsmacher, übergeben wurde, wird er an eine Säule gebunden und geschlagen. Die blaue Farbe der Folterer steht für die Schergen der Macht, die dem gegebenen Befehl folgen und glauben, frei von Schuld zu sein. Die Gewölbe verbergen die Ungerechtigkeit vor dem Blick – wie die vielen Dinge, die im Dunkeln geschehen, vom öffentlichen Auge weit entfernt. Es ist nicht eine Frage der Gerechtigkeit oder gar des Mitgefühls.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 7: Dornenkrönung

14. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Auch dies ist eine Situation von quasi universalem Charakter. Es gibt zahlreiche Berichte über die scheinbar Machtlosen, die sich dadurch machtvoll fühlen, dass sie sich über Opfer lustig machen oder gar ihre Grausamkeit geniessen.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 8: Auf dem Kreuzweg

10. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Hier sieht man Jesus, wie er unter der Last des Kreuzes auf den Boden gefallen ist – keine anderen Personen sind sichtbar. Im Hintergrund der Szene sind Kirchenfenster, welche die – alten und modernen – religiösen Autoritäten und die Orthodoxie symbolisieren. Christus, das universale Bewusstsein, fällt auf den harten Boden, unter dem Druck der Emotionen der Masse und von Menschen-gemachter Konzepte, die hart wie Beton sind.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 9: Das Schweisstuch der Veronika

11. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Eine Geste des Mitgefühls und der Liebe – und ein unvorhersehbares Geschenk – das Gesicht Christi auf dem Schweisstuch der Veronika. Das Ganze wird miterlebt von drei Figuren, den Repräsentanten der kalten Macht von Gesetz und Ordnung.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 10: Simon von Cyrene

16. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Eine weitere Geste von Mitgefühl und Hilfe, auch wenn sie nicht völlig spontan ist. Der Bauer Simon von Cyrene wird gebeten, Jesus zu helfen, das Kreuz zu tragen. Die Repräsentanten der Macht stehen im Hintergrund und folgen der Prozession. Die Szene ist umgeben von blut-roten und bräunlich-blauen Farben. Der Weg führt nach oben und zugleich nach unten.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 11: Befestigung am Kreuz

14. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Die Kreuzigung sieht aus wie zwei Handwerker bei der Arbeit – Grausamkeit kann sehr „technisch“ und losgelöst sein, ohne jede Emotion.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 12: Kreuzigung

13. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Während Jesus Christus am Kreuz Frieden zum Ausdruck bringt, sind die Elemente der Natur in Aufruhr. Die Tropfen seines Blutes tropfen herab in den Boden als eine Schwängerung der Erde mit dem Licht seines Lebens. Das Kreuz wird in drei Dimensionen multipliziert, es ist ein Symbol der Materie. Es scheint auch organisch aus dem Boden gewachsen zu sein und bildet mit ihm eine Einheit.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 13: Abnahme vom Kreuz

10. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Maria, dargestellt als eine nackte Frau, die barmherzige Mutter , nimmt den Leichnam ihres Sohnes ab. Auch wenn der Körper tot ist, umgibt ihn eine bläuliche Aura. Vom Kreuz fallen Blutstropfen in den Boden, und der Himmel ist dunkel wie die Nacht, auch wenn die Nacht nicht hereingebrochen ist.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild 14: Begräbnis

18. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

Das Begräbnis des Leichnams ist wie eine Saat in den Boden zu legen. Sie bildet einen Kreis, einen Uterus von Mutter Erde, die den Körper wie eine Saat aufnimmt die wieder keimen wird. Die drei Kreuze sind von einem Dunst umgeben, wie in einem Traum, und die Stadt im Hintergrund ist nur eine ferne Szenerie des weitergehenden Alltagslebens, das keine Notiz nimmt von den aussergewöhnlichen Ereignissen auf dem nahegelegenen Berg.

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Kreuzweg, in 14 + 1 Bildern, Bild +1: Auferstehung

26. Januar 1983, A4, Eiweiss-Lasurfarbe auf Papier

In vollem Kontrast zu den vorhergegangenen Farben sieht man hier Christus in seinem strahlenden Lichtkörper, den Globus haltend, dem Zeichen der Herrschaft des Geistes über die Materie. Das Licht umgibt alles und dringt auch in die Tiefen der Materie ein. Selbst die Zeichen der Wunden sind nur Markierungen aus Licht. Auferstehung.

Der Tag, an dem ich dieses Bild malte, war auch der letzte Tag einer langen Krise. Es kam eine gute Nachricht an, und in diesen Wochen zeigte sich endlich die neue Richtung meines Lebens.